· 

POPMAGAZIN-Interview mit Ina Regen: "Ich will klar, deutlich, hart und eben auch weich im Umgangston sein!

Sängerin und Jurorin Ina Regen heißt bürgerlich Regina Mallinger. (c) Gerd Schneider
Sängerin und Jurorin Ina Regen heißt bürgerlich Regina Mallinger. (c) Gerd Schneider

WIEN. Ina Regen ist seit einigen Jahren ein Fixstern in der österreichischen Musikszene. Nun ist sie auch in der Jury von Starmania21. POPMAGAZIN-Redakteurin Franziska Pfeiffer sprach mit Ina, die bürgerlich Regina Mallinger heißt, über Starmania, warum sie die „Böse" sein muss, Castingshow-Teilnahmen und ihr neues Album.

POPMAGAZIN: Vorletzten Freitag fing die neue Staffel Starmania an und du bist Teil der Jury. Es hat sich so ergeben, dass gerade du  das „Stopp“ erklären musstest. Fällt es dir schwer die „Böse" zu sein oder hast du dich einfach in die Rolle gefügt?

INA REGEN: Also, ich war überrascht, wie wir wohl alle. Aber, ich habe so das Gefühl, das ist auch Teil des Konzepts dieser Sendung, dass wir alle überrascht werden. Dadurch, dass wir Juroren ja eben nicht wissen, wie die anderen abstimmen, dass jeder seine eigene Abstimmung in Punkten zum Ausdruck bringt und aus diesem Mittelwert ergibt sich ein grünes oder ein rotes oder ein weißes Licht – das macht es eigentlich ganz spannend und eben auch wer dann welchen Kommentar abgibt. Das entsteht wirklich halt in dem Moment und es war halt dann so. Ich hab mich bemüht dem treu zu bleiben, was ich mir vorgenommen habe, nämlich klar und deutlich oder eben hart in der Sache, aber weich im Umgangston zu sein. Natürlich ist es schwer: Man muss fairerweise sagen, diese 64, die sind auch vorselektiert – also aus 1700, sehen wir hier die besten 64 KandidatInnen und die sind alle super. Also, es gibt für jeden einen Grund hier zu sein und dann trotzdem am Ende jeder Sendung müssen wir jeden zweiten nach Hause schicken. Und das ist die Aufgabe.Der haben wir zugestimmt und auf die haben sich auch die KandidatInnen eingelassen. Fällt mir das leicht? Nein. Aber können alle gewinnen? Auch nein. Also: It’s a bloody job, but somebody gotta do it. Und ich freue mich, dass ich es tun darf.

 

"Eine Castingshow wäre für mich als Sängerin nichts gewesen", so Ina Regen. (c) Gerd Schneider
"Eine Castingshow wäre für mich als Sängerin nichts gewesen", so Ina Regen. (c) Gerd Schneider

Hast du selbst einmal bei einer Castingshow teilgenommen?

Ich hab bei einem Gesangswettbewerb teilgenommen, aber das war eigentlich ein Musiker- oder KünstlerInnenwettbewerb und das war Marianne Mendts Nachwuchsförderung. Da war ich Anfang 20 und hab schon selbst Jazzgesang studiert. Das war wahrscheinlich das Größte an Gesangswettbewerbserfahrung, die ich gemacht habe. Als Starmania bei uns groß geworden ist - damals da war ich ungefähr 18 – habe ich darüber nachgedacht, weil mich viele in meinem damaligen Umfeld natürlich darauf angesprochen haben. Unter anderem mit „He, wär das nichts für dich?“ und „Magst du da nicht hingehen?“ Aber ich kann mich ganz schwer in das Ungewisse hineinstürzen. Ich war immer schon, was diese Dinge angeht, ein sehr reflektierter und selbstbewusster Mensch und dementsprechend sehr vorsichtig in meinen Entscheidungen. Eine Castingshow in diesem Sinne wäre nichts für mich gewesen.

 

Ina Regen wollte immer im Dialekt singen. (c) Gerd Schneider
Ina Regen wollte immer im Dialekt singen. (c) Gerd Schneider

Mit Wie a Kind bist du erstmals in den Dialekt gewechselt. Wieso dieser Wechsel?

Das war das Ende eines sehr langen Prozesses, der auf einer rationalen Ebene stattfindet. Ich habe meine ersten Songs auf Englisch mit 15, 16 Jahren geschrieben, weil das auch damals die einzige Musik war, die bei uns in den Medien stattgefunden hat. Dann habe ich eben Jazzstandards gesungen, die in ihrer Natur englisch sind und erst so Richtung Ende meiner 20er Jahre habe ich dann gemerkt, dass ich es ein bisschen Leid bin bei Konzerten immer in den Moderationen zu erklären, worum es in den Songs geht, weil wir eben nicht Native Americans oder englischsprechende Menschen sind und weil ich dann gemerkt habe, dass mir die Botschaft und der Text in der Musik mindestens genauso wichtig wie die Gesangsperformance und wie die Musik selbst ist. Dann war es eigentlich rational nachvollziehbar für mich – dann muss ich auch auf Deutsch singen. So hab ich mich für Hochdeutsch entschieden, weil das halt das war, was ich zu der Zeit im Radio auch gehört habe und das war daher naheliegend. Da habe ich aber dann gemerkt, da gefällt mir meine Stimme nicht, dieses Deutsch ist dann auch zu sperrig, zu kantig. Englisch ist viel weicher und da war ich dann auch ein bisschen verloren. Ich habe mir gedacht „Ja, okay jetzt kann ich zwar das sagen, was ich will, aber es gefällt mir nicht mehr.“ Und gegen den Dialekt habe ich mich lange ein bisschen gewehrt, weil der Dialekt zu dem Zeitpunkt einer Musikrichtung oder vielleicht auch einer Ideologie zugeschrieben wurde mit der ich mich nicht identifizieren hab können oder gegen die ich selber so bisschen rebelliert habe. Da gab es irgendwie keine Vorbilder für mich an denen ich mich hätte orientieren können und trotzdem habe ich dann plötzlich mit der Sprache weiter herumgespielt und auf einmal war es Dialekt und ich hab in mir drinnen so ein ganz deutliches „Ja“ gefühlt im Sinne von endlich hat die Suche ein Ende, weil ich mich gefunden habe. Ich weiß, wer ich in der Musik sein will oder sein muss und dann gab es da keine Diskussion rundherum. Das war aber vielleicht auch dann die große Chance für mich, dass ich Popmusik mache, aber nun in meiner Muttersprache. Und, dass ich ein ganz neues Feld miterschaffen konnte.

 

"Wir atmen, leben, lachen und weinen gemeinsam, so Ina Regen. (c) ORF / Thomas Ramstorfer
"Wir atmen, leben, lachen und weinen gemeinsam, so Ina Regen. (c) ORF / Thomas Ramstorfer

Die Single Fenster ist Teil des Albums Rot. Was war der Auslöser für Fenster?

Also, ganz im kreativen Sinne, wo der Songwriting-Prozess begonnen hat in meinem Kopf, war sicher der erste Lockdown, wo ich mich ja jeden Abend um 18:00 Uhr an meiner Fensterbank auf Instagram mit meinen Fans getroffen habe. Zunächst zum Klatschen und dann auch jeden Tag so für fünf Minuten zum Plaudern. Und da habe ich gemerkt, dass das Fenster diese Verbindung zwischen meiner Welt drinnen und der Welt da draußen geworden ist. Und dann ist mir auch wieder eingefallen, dass ich eben 2008, wie ich das erste Mal in New York auf Urlaub war und damals war ich eben auch so Anfang/Mitte 20, das Mädchen vom Lande, die größte Stadt, die ich bis dahin gesehen habe, war Wien und die Stadt in der ich gelebt habe war Linz mit ein paar Hunderttausend EinwohnerInnen. Und auf einmal steh ich da, mitten in New York, mitten zwischen den Wolkenkratzern und ich weiß noch, dass ich mir damals gedacht habe „Boah! Hinter jedem dieser Fenster lebt ein Mensch, der ein ganz normales Leben lebt, in deinen Augen. Und trotzdem ist es für das, wo ich herkomme gar nicht normal. Es ist ganz weit weg von meiner Lebensrealität. Und das hab ich damals schon sehr verbindend gefunden. Und irgendwie dieses Verbindende und dass wir miteinander gleichzeitig atmen, leben, lachen, weinen. Das war mir dann wichtig.

 

Ina Regen am Fenster. (c) Nadja Hluchovsky
Ina Regen am Fenster. (c) Nadja Hluchovsky

Das Album Rot war quasi fertig. Was ist die wichtigste Aussage bei Fenster?  Dass du diesen Song unbedingt im Album dabei haben wolltest?

Das Album, so wie es vorher fertig geworden wäre, ist so jetzt nur noch zur Hälfte vertreten. Es sind einige Lieder dann den neueren Songs gewichen. Weil ich glaube, dass die erste Version von Rot, die ursprünglich fertig war, noch kantiger und zum Teil auch wütender, hat sich für spezifischere Themen eingesetzt und ich hab aber dann gemerkt, dass eben die Pandemie uns ja alle zutiefst getroffen hat. Jeden in seinen Lebensrealitäten auch wirklich an seine Grenzen gebracht hat. Es war eine wirklich sehr herausfordernde Zeit für uns. Und da habe ich dann gemerkt: Ich möchte - und das hab das auch selber gebraucht - und für mich, tröstende, hoffnungsfrohe, verbindende, persönliche Themen genauso mitnehmen. 

 

Albumcover "Rot" von Singer/Songwriter Ina Regen.
Albumcover "Rot" von Singer/Songwriter Ina Regen.

Beim Song Rot gibt es einen Sprechgesang-Teil. Wie kam es dazu? War das deine Idee oder hat sich das einfach ergeben?

Also, ergeben hat es sich, weil der Inhalt und die Botschaft das von mir wollte. Mir war klar, dass ich das ganz direkt und gerade heraus sagen muss, was ich da sagen will, also inhaltlich. Wir haben versucht es in Musik zu verpacken und der eine Melodie zu geben. Ich will, dass man da hinhören muss, dass man überrascht ist und dementsprechend war es klar, das muss geradeaus gesagt sein. Und dann natürlich hab ich mich kurz ein bisschen gefürchtet und hab mir gedacht „Rappen wir wirklich? Traue ich mich das?“ Und dann habe ich mir gedacht „He, komm! Auf meinem ersten Album habe ich mich getraut, dass ich jodle, obwohl ich das noch das zuvor nie gemacht habe. Dann traue ich es mir auf meinem zweiten Album zu, also dann wage ich mich der Richtung Poetry-Slam heran.“ Es ist schon klar, dass ich keine Rapperin bin. Ich will mich da auch mit niemanden messen, der das von sich behauptet, aber mir war das wirklich eine inhaltlich künstlerische Entscheidung zu sagen, die Botschaft muss unverhübscht und "straight" sein. Ich wollte, dass das kraftvoll ist und dass dem nichts im Wege steht.

 

In der Starmania21-Jury entscheidet sie mit Tim Bendzko und Fiva über das Weiterkommen oder das Aus der 64 KandidatInnen. (c) ORF / Thomas Ramstorfer
In der Starmania21-Jury entscheidet sie mit Tim Bendzko und Fiva über das Weiterkommen oder das Aus der 64 KandidatInnen. (c) ORF / Thomas Ramstorfer

Gibt es einen Song des Albums Rot, der dir besonders am Herzen liegt? Quasi einen Lieblingssong?

Fairerweise, die ändern sich momentan noch recht viel. Je nach dem in welchen Zustand ich selbst bin. Aber, ich glaube, was mich selbst sehr freut, ist der Song Was ma heut net träumen. Der ist auch in der Pandemie entstanden.
 

Steckbrief: INA REGEN

Lieblingsessen: Kaiserschmarren.

Lieblingsgetränk: Kaffee.

Hobbies: Yoga, Diskutieren, Musik.

Lieblingsdestination: Marokko. 

Lieblingsfarbe: Violett.

Lieblingstier / Haustier: Ich hatte eine Katze als Kind und ich sag auch immer, wenn ich groß bin krieg ich auch wieder eine, aber bisher ist mein Leben eben noch zu hin und her gerissen.

Lieblingsplatz: am Klavier.

Lieblingsbuch: Momo.

 

Erstes Instrument: Akkordeon.

 

Mit wem würdest du für 24 Stunden tauschen: Weil ich als Kind so ein Fan von ihr war mit der Kaiserin Elisabeth.

 

Schlechteste Eigenschaft(en): Ich bin wahnsinnig „botschat“ (tollpatschig). Es schließt sich mit der Eigenschaft Ungeduld…ich bin manchmal so körperlich ungeduldig mit mir selber, dass ich immer schon drei Schritte weiter bin und dementsprechend renn ich immer irgendwo dagegen…ich hab immer irgendwo einen blauen Fleck auf meinem Körper. Wenn ich ins Studio komm, bringt mein Produzent immer die kostbaren Instrumente außer Reichweite, also die Geige wird immer aus dem Raum gebracht, weil die Möglichkeit besteht, dass ich mich drauf setze oder dagegen renn oder so irgendwas. Also unfassbar tollpatschig.

 

Beste Eigenschaft(en): Empathie. Empathie mit mir selber, dass ich mir mein Mensch-Sein zu gestehe und dass ich immer besser damit werde, dass ich Fehler mache, unvollkommen bin und dass es okay ist – also nicht im Sinne von gleichgültig, aber im Sinne von, dann lerne ich jetzt weiter, und weil ich das selber für mich ganz gut gelernt habe, kann ich das auch mit meinen Mitmenschen glaube ich ganz gut.

 

Interview: POPMAGAZIN.at / Franziska Pfeiffer, 07.03.2021