Interview mit Starmania-Finalistin Anna Buchegger: „Ich habe Angst vor Kontrollverlust!"

Anna Buchegger sang sich ins Finale der Castingshow Starmania21. (c) ORF / Hans Leitner
Anna Buchegger sang sich ins Finale der Castingshow Starmania21. (c) ORF / Hans Leitner
„Ich habe für einen Moment vergessen, worum es ging", so Anna Buchegger über Star-Tickets. (c) ORF / Hans Leitner
„Ich habe für einen Moment vergessen, worum es ging", so Anna Buchegger über Star-Tickets. (c) ORF / Hans Leitner

ABTENAU / WIEN. Die coole Studentin Anna Buchegger schaffte es ins Finale von Starmania21! Im Interview mit POPMAGAZIN-Redakteur Hans Jürgen Gernot Miggl spricht die 22-Jährige über ihre Ambitionen als Sängerin, was sich für sie mit einem Sieg bei Starmania21 ändern würde, ihre Ängste,  fremde nackte Haut, Baumhäuser und ihren Alkoholkonsum mit 14 Jahren. Und warum sie eines Morgens beim Frühstück ihrer Mama nicht in die Augen sehen konnte.

 

POPMAGAZIN: Anna, wenn du auf die vergangenen Starmania21-Shows zurückblickst: Was sind deine ersten Gedanken gewesen, ehe du gesehen hast, welches Licht im Studio leuchtete (Anmerkung: Die Fragen wurden vor den Televoting-Shows gestellt)?

ANNA BUCHEGGER: Das ist eine gute Frage! Für mich hätte es gereicht, wenn wir alle unsere 90 Sekunden performt hätten und dann wieder heimgegangen wären. Ich habe neue Menschen kennengelernt. Jeder war auf seine Art und Weise irgendwie besonders. Es war eine voll schöne Energie, weil wir davor alle kurz geshakt hatten (in der ersten Qualifikationsshow; d. Red.). Deshalb habe ich es für einen Moment vergessen, worum es überhaupt geht und das Star-Ticket gar nicht so realisiert.

 

(c) ORF / Hans Leitner
(c) ORF / Hans Leitner

Wie ist es dir dabei ergangen immer wieder so tolle Kritiken von Menschen zu erhalten, die man davor nur aus dem Fernsehen oder aus anderen Medien kannte?

ANNA: Ich muss sagen, dass ich wirklich die Lorbeeren geerntet habe. Es gibt wirklich nichts worüber ich mich beschweren könnte. Ich schätze Kritik voll, wenn sie irgendwie konstruktiv ist. Ich bin voll viel mit Kritik von meiner Familie konfrontiert worden, weil die irgendwie meine ehrlichsten Kritiker sind. Die sagen einem gleich, was nicht passt. Oder wenn ihnen etwas auffällt, das ich besser machen könnte. Deshalb war ich voll perplex und es war mir im Nachhinein unangenehm, als ich mir das Video ansah (aus ihrer Qualifikationsshow; d. Red.). Da wusste ich echt nicht mehr, was ich sagen sollte.

 

Wie geht es dir mit dem Tanzen auf der Bühne?

ANNA: Ich war die letzten sechs Jahre in einer Coverband und habe von "Zicke-zacke" bis "Einmal-geht-noch" alles mitgemacht. Auf einer so großen Bühne fühlt sich das einfach anders an. Es passiert ja nicht spontan, man weiß ja genau, was in diesen 90 Sekunden passiert und was man machen muss. Ich habe nicht so das choreografische Bewusstsein. Ich habe dies auch nie gelernt. 

 

(c) ORF / Hans Leitner
(c) ORF / Hans Leitner

Was verbindest du mit Castingshows?

ANNA: Ich habe extrem lange darüber nachgedacht. Das ist witzig, dass du das nun fragst. Ich hatte vier Tage Zeit den Vertrag zu unterschreiben. Man weiß da gar nicht, ob man den Anforderungen einer solchen Show überhaupt gewachsen ist. Und ich habe dann voll viel darüber nachgedacht und ob mich Castingshows als Künstlerin entwerten könnten. Ob Castingshows nicht primär negativ behaftet sind? Ob eine Künstlerin bzw. ein Künstler es überhaupt nötig hat, sich bewerten zu lassen? Ob es überhaupt sinnvoll ist, wenn man junge Menschen auf eine Bühne stellt und miteinander vergleicht? Vor allem in so einer Zeit und bezugnehmend auf die Generation der Millenials, die sich ohnehin immer im Alltag damit auseinandersetzt, wie die anderen sind. Bin ich vielleicht ein Schönheitsideal, bin ich gut genug? Vielleicht ist aber genau jetzt DER Moment, wo MusikerInnen füreinander aufstehen müssen. Jetzt ist der Moment, wo wir laut sein können und wo wir vielleicht auch noch gehört werden. Es ist einfach die derzeit größte Bühne des Landes und du hast damit sicher die größte Reichweite! Auch, wenn ich nicht alles vertreten kann.

 

(c) ORF / Günther Pichlkostner
(c) ORF / Günther Pichlkostner

Gibt es ein Genre, das bei dir gar nicht funktioniert?

ANNA (lächelt): Das ist auch eine Frage über die ich lange nachgedacht habe. Mit dieser Frage bin ich in meinem Studium oder in der Musikszene oft konfrontiert worden. Ich habe gemerkt, dass eine Musikrichtung extrem abgewertet wird. Deshalb habe ich das Bedürfnis mich genau in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen. Ich will eine professionelle Musikerin sein und mit Musik professionell umgehen. Ich respektiere jedes Genre.   

 

In der Qualifikationsshow hast du gar gejodelt. Hast du das je gelernt?

ANNA: Im ersten Lockdown war ich relativ viel in Abtenau, meinem Heimatort, fünfzig Kilometer entfernt von der Stadt Salzburg. Da hatte man einfach viel Zeit für solche Sachen. Ich habe wieder ein wenig nachhause gefunden, war auch von der ländlichen Umgebung inspiriert. Jodeln hat mir in dieser Zeit viel Spaß gemacht. Ich habe es mir tatsächlich selbst beigebracht. Ob ich es richtig mache, weiß ich nicht. 

 

 

(c) ORF / Hans Leitner
(c) ORF / Hans Leitner

In den MAZ (Videoeinspielungen vor den Auftritten; d. Red.) hast du erwähnt, dass du gerne unter vielen verschiedenen Namen auftreten würdest und zum Teil auch schon aufgetreten bist. Was sind das für Namen?  

ANNA (lacht): Das Interview bei diesen MAZ ist noch weitergegangen und ich habe dabei teilweise viel Schmarren geredet. Ich kann mich noch erinnern, dass ich gesagt habe, ich wäre vielleicht einmal gerne Felene Hischer.  

(c) ORF / Hans Leitner
(c) ORF / Hans Leitner

So als "Gegenversion" zu Helene Fischer?

ANNA: Genau. Was das dann sein könnte, weiß ich nicht. Ich habe schon in verschiedenen Bands gespielt. Da war nie die Frage, ob ich einen Künstlernamen habe, sondern ich war einfach mit dabei. Als Künstlerin oder Künstler muss man sich einfach immer so eine künstlerische Identität oder einen Fußabdruck aneignen und dann ist es immer noch ganz wichtig, was man es als Erstes herausbringt. Irgendwie braucht man Persönlichkeit. Das ist aber in dieser Branche ein Schubladendenken. Man ordnet alles in Genres ein. Es wäre aber einfach mal cool, wenn es jemanden gäbe, der so etwas übergreifend beherrscht.  

 

(c) ORF / Hans Leitner
(c) ORF / Hans Leitner

Angenommen du wärst bei Starmania21 nicht dabei und würdest die Shows einfach zuhause vor dem Fernseher verfolgen: Wem würdest du deine Stimme geben? Für wen würdest du voten?

ANNA: Das ist auch schwierig. Man kann sich schwer von etwas distanzieren von dem man auch Teil ist. Das Ding ist auch, dass ich mit meiner Gruppe viel Zeit verbringen konnte und man konnte sich dadurch ziemlich gut kennenlernen. Ich wäre einfach für die Leute, die in meiner Gruppe dabei waren. 

 

Wie würdest du auf ein Outfit reagieren, das für dich vorbereitet wird, dir aber so gar nicht gefällt?

ANNA: Die Situation gab es bei einer anderen Kandidatin. Ich war zufällig gerade zu dieser Zeit draußen um frische Luft zu schnappen. Ich konnte sie tatsächlich dazu überreden, dass sie nochmals bei der Kostümabteilung anklopft. Dann durfte sie wirklich ein anderes Outfit anziehen. So würde ich es auch machen. Es ist einfach so wichtig, dass man sich wohlfühlt und sich nicht in eine Ecke drängen lässt. 

 

Einst war Anna Buchegger Musikschülerin ihrer älteren Schwester. (c) ORF / Hans Leitner
Einst war Anna Buchegger Musikschülerin ihrer älteren Schwester. (c) ORF / Hans Leitner

Wann in deiner Kindheit hat es bei dir mit der Musik begonnen?

ANNA: Wann es genau anfing, kann ich so nicht sagen. Ein sehr großer Einfluss war meine ältere Schwester. Wir haben gemeinsam viel Volksmusik gemacht. Ganz am Anfang durfte ich ihre Musikschülerin sein und sie hat mit mir voll viel erarbeitet und war sehr geduldig mit mir. Dafür bin ich ihr sehr dankbar! Die Grundlagen der Musik habe ich wirklich meiner Schwester zu verdanken.

 

 

(c) ORF / Hans Leitner
(c) ORF / Hans Leitner

Wann hast du dich dafür entschieden, in diesem Bereich zu bleiben und auch zu studieren? 

ANNA: Es hat mich immer schon irgendwie begleitet. Meine Eltern haben mich extrem unterstützt, auch ihnen bin ich sehr dankbar! Wahrscheinlich auch, weil sie selbst nie wirklich die Chance dazu hatten. Finanziell haben sie mir unglaublich viel geholfen. Mit 16 Jahren zog ich aus dem Elternhaus aus und ging nach Salzburg. Da bin ich wieder in eine ganz andere musikalische Umgebung gekommen und durfte die Salzburger Musikszene kennenlernen. Ab diesem Zeitpunkt wurde mir bewusst, dass es mehr als ein Hobby für mich ist und ich es irgendwie zu einem Beruf machen möchte. Deshalb ging ich später nach Wien, vorher habe ich noch kurz Lehramt in Salzburg studiert - muss ich gestehen. Dann hat es mich einfach wieder so gereizt, dass ich es nochmals nur mit der Musik probiert habe.

 

Mit Haube. Im Duett mit Vanessa Dulhofer. (c) ORF / Hans Leitner
Mit Haube. Im Duett mit Vanessa Dulhofer. (c) ORF / Hans Leitner

Mit 16 Jahren von zu Hause ausziehen, ist doch ein wenig zeitig. War es im Nachhinein aber die beste Entscheidung schon so früh auf eigenen Beinen stehen zu können?

ANNA: Ich habe unlängst mit meiner Mama darüber gesprochen. Sie weiß nicht, ob sie es nochmals zulassen würde. Sie konnte einfach die Erziehung nicht ganz vollenden.

 

Vor allem warst du da noch in der Pubertät ...

ANNA: Genau. Für mich war es zugleich die erste Freiheit. Das war ein unglaubliches Gefühl! Ich konnte alles machen. Es war auch so, als würde man sich erwachsen fühlen. Und das viel zu früh. Meine Cousine und ich wohnten zu zweit in einer kleinen Garçonnière. Wir hatten zwei Zwei-Meter-neunzig-Betten und klebten daher extrem aufeinander. Wir haben uns schon wirklich gut gekannt. Es war eine spannende Zeit. Ich würde es nicht missen wollen und es wieder genau so machen.

 

Wieder ein Star-Ticket: Anna Buchegger. (c) ORF / Hans Leitner
Wieder ein Star-Ticket: Anna Buchegger. (c) ORF / Hans Leitner

Was ist dein Lieblingswort in einem Salzburger Dialekt?

ANNA: Ich finde das Wort "sem" extrem cool. Dafür gibt es keine Übersetzung, Aber man kann "sem" eigentlich überall einsetzen. Es ist für Begründungen bestens geeignet, da kann man davor immer das Wort "sem" benützen. In Wien und auf Hochdeutsch würde man sagen "... dann gehe ich halt heim". Und bei uns sagt man "... sem gehn hoam".

 

Gibt es etwas, wovor du besonders viel Angst hast?

ANNA: Das ist eine sehr intime Frage.

 

Ja, ich weiß.

ANNA: Ich habe voll viele Ängste. Extrem viel Angst habe ich vor Vergänglichkeit. Ich hasse es, wenn etwas vorbeigeht und ich aber noch nicht will, dass es vorbeigeht. Ich habe Angst vor Kontrollverlust! Daher würde ich zum Beispiel nie chemische Drogen konsumieren. 

 

Was bereust du aus deiner Teenagerzeit?

ANNA: Wir haben früher immer Baumhäuser gebaut. Mit 14 Jahren auch schon ein bisschen Alkohol konsumiert. Einmal bin ich von zu Hause ausgebüxt, in der Nacht aus dem Fenster gekraxelt und habe mich mit Freunden bei so einem Baumhaus getroffen. Meinen Eltern habe ich es bis heute noch nicht gesagt. Jedes Mal, wenn ich an etwas denke, das mit extrem leid tut, dann ist es der Moment, wo ich am nächsten Tag am Frühstückstisch gesessen bin: Ich habe mich kein einziges Mal getraut, meiner Mama in die Augen zu schauen. 

 

(c) ORF / Hans Leitner
(c) ORF / Hans Leitner

Glaubst du, dass sie etwas geahnt hat?

ANNA: Nein. Ich glaube, dass sie das bis heute noch nicht weiß!

 

Hm, das klingt interessant.

ANNA: Normalerweise ist immer alles aufgeflogen, was ich machte. Aber diese Sache war zu geschickt eingefädelt. 

 

In einem Instagram-Post hast du mal geschrieben: "Das W in Anna steht für Wellness." Was gehört bei dir zu einem perfekten Wellnesstag dazu?

ANNA (lacht): Was gehört für mich zu einem perfekten Wellnesstag dazu? Ich finde Thermen eigentlich extrem scheiße. Ich kann auch das Saunieren nicht verstehen und, dass das Menschen gut finden.

 

Was stört dich am Saunieren?

ANNA: Eigentlich die viele nackte und fremde Haut auf engsten Raum. Und das Schwitzen noch dazu! Ohne, dass man etwas dafür gemacht hat.

 

Was ist dann Wellness dich?

ANNA: Einfach ein gutes Buch lesen oder einfach mal nichts machen. Das ist auch extrem schwer, sich mal auf einen Sessel zu setzen und einfach nur in die Luft zu schauen.

 

Anna mit cooler Brille. (c) ORF / Günther Pichlkostner
Anna mit cooler Brille. (c) ORF / Günther Pichlkostner

Angenommen du gewinnst Starmania21: Was würde sich für dich ändern?

ANNA: Die Frage wurde mir schon mal gestellt, da wusste ich keine Antwort darauf. Hm. In diesem Moment, wo ich weiß, dass ich es gewonnen habe, würde ich mir einen Wein kaufen, der mehr als fünf Euro kostet.

 

Das ist ja schon mal etwas!

ANNA (lacht): Und dann würde ich mich irgendwo hinsetzen, dabei ein gutes Buch lesen und mir den Wein reinziehen!

 

Das heißt, du kaufst sonst nur billigen Wein? Um € 4,99 kriegt man ohnehin schon relativ guten Wein. Das kenne ich aber nur vom Hörensagen, ich bin kein Weintrinker.

ANNA: Ja, das stimmt! 

 

Interview: POPMAGAZIN.at / Hans Juergen Gernot Miggl, 07.05.2021

 

Anna Buchegger kommt aus Abtenau. (c) ORF / Hans Leitner
Anna Buchegger kommt aus Abtenau. (c) ORF / Hans Leitner

Steckbrief: Anna Buchegger

 

Alter: 22 Jahre.

Kommt aus Abtenau (Tennengau / Salzburg).

Beruf: Studentin.

Lieblingsspeise: Nudeln! Einfach nur Nudeln, es muss nicht einmal ein Gewürz drauf sein.

Lieblingsgetränk: Fanta! Wenn man mir jemand eine Freude machen will, dann mit einer Fantadose. Am besten mit Inhalt natürlich. 

Lebensmotto: Less Egos - More Amigos. Das habe ich vor fünf Jahren mal geklaut.