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RAHEL im POPMAGAZIN-Interview: „Ich fühle mich gerade in der Musik sehr wohl“

WIEN. Sängerin Rahel spricht im POPMAGAZIN-Interview mit Redakteur Hans Juergen Gernot Miggl über ihre Single „Nur eine Phase“, Sexualität, Medienkonsum, ihr Faible für Retro und welche Person sie gerne für 24 Stunden wäre.

 

Fangen wir mal ganz klassisch mit einer deiner Singles an: „Nur eine Phase“. Was ist für dich nur so eine Phase? 

RAHEL: „Ich wollte einen Song schreiben über die Situation, wenn man als Teenie zu seinen Eltern sagt, man hat sich in eine gleichgeschlechtliche Person verliebt. Dann kriegt man die Antwort: „Das ist wahrscheinlich nur so eine Phase und geht wieder vorbei.“

 

Ah, okay! 

RAHEL: „Weil das ein Thema ist, dass mir sehr am Herzen liegt. Und ich glaub, dass Sexualität und Liebe erstens nicht gelabelt werden müssen. Und zweitens, braucht das nicht so einen Rahmen in den man das setzt. Weil ich glaub, dass das dieses einfach schöne Gefühl irgendwie abwertet.“

 

Ok verstehe! Ist Sexualität bereichernd auch für die Musik? In welcher Form auch immer? 

RAHEL: „Wie meinst du das?“

 

Ist Sexualität auch bereichernd für Themen, wenn man einen Song darüber schreibt?

RAHEL: „Also ich glaub, wenn man einen Song schreibt ist alles Thema, weil man ja ein Mensch ist und alles erlebt. Und Sexualität kann natürlich Songs bereichern!“

 

Diese Person in die Du Dich verliebt hast, ist das auch jene die auf dem Foto zu sehen ist?

RAHEL: „Nein, das war dann für mich… Ich hab so die Idee aufgegriffen und dann in eine Geschichte verpackt. Ich hab diese Situation die mir begegnet ist genommen und ein bisserl verfremdet. Auf dem Foto zu sehen ist die Schauspielerin Luisa-Céline Gaffron aus dem Musikvideo. “

 

Retro ist ja bei Dir ein großes Thema. Wie hat das angefangen? Du lebst das ja wie man sieht am Stil auch. (lacht) Auch im Artwork deiner Pressesachen. Wo war der Beginn?“ 

RAHEL: „Von diesem Retro? Ich mein ich glaub das Alte, das sieht man auch in der Mode und überall, dass das immer wieder kommt. Und man kann sich da gar nicht rausnehmen. Weil klar inspiriert einen auch so das Alte. Aber wie das begonnen hat? Neue Deutsche Welle taugt mir. Daher kommt auch dieser 80ies Touch. So Ikonen der 80er Jahre. Frauenbands wie Ideal zum Beispiel. Das hat mich auf jeden Fall inspiriert.“ 

Die Neue Deutsche Welle. Wann war da der Beginn bei Dir, dass Du gesagt hast praktisch, dass Du Dich jetzt voll interessierst dafür?

RAHEL: „Was war der Beginn? Einmal war ich krank, vor einem Konzert. Und hab mich dann ganz viel mit solchen Sachen beschäftigt. Und mir auch viele Dokus angeschaut. Und als ich dann auch eben die Sängerin von Ideal, Annette Humpe, gesehen hab. Da hat das dann glaub ich Klick gemacht.“

 

Wie ist das generell bei den Songs bei Dir? Wie entsteht ein klassischer Rahel Song?“ 

RAHEL: „(lacht) Also da gibt’s irgendwie keine Regel. Also ich schreib für mich. Einfach wenn mich irgendwas bewegt. Auch so therapeutisch eigentlich. Dass ich einfach ganz viel aufschreibe. Und dann nehm ich das und bring’s in einen musikalischen Rahmen. Ich arbeite mit dem Raphi, Raphael Krenn, zusammen. Ist mein Produzent. Und wir machen aber auch die Songs zusammen. Entweder er schickt mir einen Beat und ich schreib was drüber. Oder ich sing was drüber. Oder wir entwickeln‘s, dass ich eine Melodie hab und dann kommt die Musik.“

 

Verstehe! Wie wichtig sind Charts für Dich? Du warst in den FM4 Charts mit den ersten beiden Singles. Welche Bedeutung hat das für Dich?“ 

RAHEL: „Also ich versuch das immer auszusparen. Ich versuch dem irgendwie keine Bedeutung zu geben. Das ist nicht immer so leicht, dass man dann sagt: das interessiert mich gar nicht. Oder das ist mir ganz egal. Da müsst ich lügen. (lacht) Am Schönsten ist es für mich natürlich, wenn ich so Nachrichten bekomme wie jetzt zum Beispiel: die Single ist erschienen, wo der Krieg in der Ukraine begonnen hat. Das war irgendwie ein sehr, sehr unguter Zeitpunkt. Wenn ich dann so Nachrichten bekomme wie: „Hey, das hilft mir grad ur und das war grad, das macht meinen Tag irgendwie grad voll schön. Weil grad so viel Mist passiert in der Welt.“  Dann bedeutet mir das viel. Und dann versuch ich solchen Nachrichten mehr Gewichtung zu geben.“

 

Nachrichten sind eh schon ein gutes Stichwort. Wie schaut dein Medienkonsum generell aus? 

RAHEL: „Also, ich glaub ich bin eine sehr sensible Person. Wie ganz viele Leute die irgendwas Kreatives machen. Und ich muss mich dann manchmal so ein bisschen abgrenzen. Und wenn ich dann merke, dass tut mir grad gar nicht gut, dann versuch ich auch weniger Medien zu konsumieren. Aber ich mag den Standard ganz gern. Standard, Falter. Es ist grad einfach gar nicht zu fassen was da grade auf der Welt passiert.“

 

Wahnsinn … Genau, da wollten wir eigentlich eh hin zu dem Thema. Ja es ist total schnell gegangen die letzten Tage. Also mir kommt vor, als wären das schon Wochen gewesen in denen die Ereignisse waren. Was macht das mit dir als Person?

RAHEL: „Viel. Es macht auf jeden Fall viel mit mir. Es ist ein großer Wunsch von mir noch mehr in eine aktivistische Richtung zu gehen. Und ich mach dann halt so Sachen wie: Ich stelle Spendenboxen bei Konzerten auf. Da hab ich so das Gefühl, da kann ich wenigstens einen sehr, sehr minimalen Beitrag leisten.“

Zu dir als Person: Du bist im Waldviertel aufgewachsen. Wie ging es dann weiter? Wann bist du nach Wien gekommen? Welche Umwege gab es?“ 

RAHEL: „(lacht) Ich bin ganz klassisch nach der Matura nach Wien gegangen. Welche Umwege gab’s? Ich hab Schauspiel studiert. Und hab dann auch Straßenmusik gemacht. Und hab immer gewusst, ich will mich irgendwie künstlerisch ausdrücken. Ich hab irgendwie immer geschrieben und das Schauspiel gehabt… Ich hab das Singen gehabt. Für mich war klar, dass es irgendwas von den Sachen sein muss. Ich hab dann irgendwie versucht mit dem Flow zu gehen und schauen, wo sich eine Tür öffnet. Und das war jetzt die Musik.“

 

Cool! Ja im Song Nur eine Phase kommt ja auch die Passage vor: Zu jung, um etwas zu beginnen, zu alt, um es zu beenden.“ Was ist da so ein klassischen Beispiel dafür aus Deinem Leben? 

RAHEL: „Ich mag gerne so Zeilen die Raum zur Interpretation lassen. Also ich find’s schön, wenn jemand etwas ganz Anderes empfindet als das was ich geschrieben hab. Aber ich hab da gemeint: Zu jung, um zu wissen wo man anfängt. Oder auch wie man anfängt. Sehr kindlich naiv… Man will irgendwie mitmachen und mitmischen. Aber man weiß nicht genau wo man anfangen soll. Oder auch sowas wie, man weiß nicht wie die Gesellschaft funktioniert. Ich hatte da irgendwie vor Augen: Man ist 18 und man versucht mit dem Rauchen anzufangen, weil man irgendwie weiß: das ist cool. Und das ist etwas das funktioniert. Und Du musst Dich irgendwie überwinden. Und dann, irgendwann mal, ist man so alt, unter Anführungszeichen, dass man nicht mehr weiß wie man aufhört.“

 

Ist das Rauchen noch immer cool für Dich?

RAHEL: „(lacht) Es ist leider so ein Ding, das sich so etabliert hat. Macht irgendwie überhaupt gar keinen Sinn. Auch umwelttechnisch ist es ja eigentlich irgendwie ziemlich blöd. Aber es ist leider so ein Stilmittel nach wie vor, oder? Man hat schon so viele Bilder von rauchenden Stilikonen gesehen, irgendwie kann man das kaum aussparen.“

 

In einem Interview mit Music Austria hast Du mal gesagt, dass Du radikal Du selbst sein magst. Wie radikal kannst Du sein?

RAHEL: „Ich hab diesen Namen gewählt und dann von ganz vielen Leuten gehört so: „Hä? Du heißt Radikal Rahel aber Du bist überhaupt nicht radikal.“ Und ich sag dann immer, das ist aber auch nicht das, was ich mir dabei gedacht hab. Ich will nicht radikal in irgendeine Richtung sein. Ich will einfach radikal ich sein. Also Radikal Rahel. Das kann auch heißen, dass ich radikal unradikal bin.“

 

Du hast ja schon so viel gemacht im Leben, dass man meinen könnte, du hast irgendwie drei Leben schon gehabt. Drei Epochen irgendwie gehabt. Ich sag jetzt mal drei: Musik, Schauspielern und die Rolle als Sprecherin. Wo fühlst du dich am wohlsten?

RAHEL: „Ich fühl mich in der Musik gerade sehr wohl, muss ich sage. Wenn Raphi und ich Musik machen, dann sagen wir manchmal, dass wir in eine Höhle gehen. Da müssen wir bestimmte Lichter aufdrehen und Kerzen anzünden, wir sehen das fast als was Spirituelles an. (lacht) Und das ist irgendwie eine sehr gemütliche, phantasievolle Welt. Wo irgendwie alles möglich ist.“

 

Ganz klassische Frage, angenommen Du hast nur fünf Euro eingesteckt für ein ganzes Wochenende. Und nichts im Kühlschrank.“ 

RAHEL: „Kommt vor! (lacht)“

 

Dann ist es eh praktisch mehr an der Realität, wenn man das so sagen kann! Ja, wie schaut dann das Wochenende aus bei dir?

RAHEL: „Ich bin schon so ein kleiner Nerd glaub ich. Ich kann irrsinnig gut einfach ein Wochenende Texte schreiben und singen. Was mach ich denn noch so? Meditieren und mit Tieren sein. (lacht) Wir haben eine Katze in der WG. Mit fünf Euro kann man schon viel machen. Kann man auch rausgehen. Ich brauch nicht viel. Ich trink nicht viel Alkohol … (lacht)“

 

Ja, das könnte auch ins Geld gehen! (lacht) Was ist dein wertvollster Besitz?

RAHEL: „Das ist eine schöne Frage! (lacht) Ich glaub, die Möglichkeit meinem Innenleben kreativ Ausdruck zu verleihen.“

 

Angenommen du könntest in den Körper einer anderen Person schlüpfen, für 24 Stunden sagen wir mal, dann bist du wieder gleich du. Welche Person wär das? Muss nicht eine lebende Person sein.“ 

Rahel: „Ich hab jetzt grade irgendwie so gedacht: Andi Borg. 

 

Ja, das wäre interessant für 24 Stunden! 

Rahel: „Gerne!“

 

Interview / Fragen / Recherche: 

POPMAGAZIN.at / Hans Juergen Gernot Miggl, hans-juergen.miggl@popmagazin.at

Produktion / Transkription / Text:

POPMAGAZIN.at / Jelena Petener, jelena.petener@popmagazin.at; 19.05.2022